Red Dubawi - Meiler des Jahres 2015
Wer kennt nicht den Namen Seabiscuit und die mit diesem außergewöhnlichen Rennpferd verwobene Geschichte dreier Männer während der Weltwirtschaftskrise? Seabiscuit wurde zum amerikanischen Symbol der Hoffnung in schweren Zeiten. Unser persönlicher Seabiscuit heißt Red Dubawi. Nimmt die Geschichte von Seabiscuit uns mitten hinein in die grauenhafte Not zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise, so erzählt Red Dubawis Geschichte mit den darin verwobenen Personen neben Hoffnung und Erfolg, viel über tiefe Freundschaft, Vertrauen, Empathie, solide Arbeit, Disziplin, Ehrlichkeit und Horsemanship.
Red Dubawi, Sohn des berühmten Vererbers Dubawi (Decktaxe immerhin stolze 320.000€!), war – wie etliche seiner Halbgeschwister väterlicherseits – im Jahre 2008 zunächst ein vielversprechendes, fröhliches Fohlen und entwickelte sich die folgenden zwei Jahre zu einem sehr vielversprechenden jungen Rennpferd. Doch es (er) sollte im wahrsten Sinne des Wortes nicht so laufen wie erhofft, denn seine Form der letzten Jahre in Dubai vermochte die Fachwelt nicht mehr zu überzeugen, geschweige denn aufzurütteln. In Dubai lief der irisch gezogene, in Frankreich aufgewachsene Vollblüter
bereits für seinen russischen Besitzer Zalim Bifov, der im Kaukasus ein wunderschönes historisches Gestüt sein Eigen nennt und zudem noch einen Rennstall besitzt. Eingereiht in eine über die Jahre entstandene Karawane sehr illustrer Experten aus der ganzen Welt, wurde auch ich eingeladen, um mir vor Ort in Gestüt und Rennstall ein Bild zu machen und klugen Rat zu geben, ob und wie man erfolgreicher werden könne. Für mich ein in diversen Facetten beeindruckender Besuch. Wunderbare Gastfreundschaft und Herzlichkeit einerseits, andererseits auch Misstrauen und sogar offene Ablehnung. Ein Mitarbeiter hatte vermutlich von all den klugen Experten der letzten Jahre schlicht und ergreifend „den Kaffee auf“ und einfach keine Lust mehr, auch noch den für ihn gefühlt 580sten Experten anzuhören. Dafür hatte ich jedes Verständnis. Nach ein paar offenen, klaren Sätzen meiner- und seinerseits (nein, es war kein wirklicher Streit, aber schon ein „Maßnehmen“) konnte er sich dann doch mit meiner Anwesenheit versöhnen und wir konnten eine Basis für einen dann sehr konstruktiven Gedankenaustausch finden. Der Star-Jockey des Stalles begnügte sich, ganz in Weiß gekleidet und mit frisch gegeltem Haar, in seiner Konversation mit mir auf einen trotzigen Hinweis auf seine überreiche persönliche Berufserfahrung in Dubai im Rennstall von Al Maktoum, bevor er entschwebte und sich damit höchst elegant jeder möglichen Frage meinerseits entzog. Wir sahen beeindruckende Pferde und erlebten durchaus großes Bemühen um ihr Wohlbefinden.

Jedes Rennpferd wurde nachmittags nochmals geführt und durfte sich an der Hand der Pfleger in einem eigens dafür angelegten Sandbad wälzen, was alle Pferde begeistert und wohlig annahmen. Gleichzeitig erlebten wir Unverständnis für dringendste Belange der Pferde und natürlich auch aufgrund der Lage im Kaukasus begrenzte Möglichkeiten. Der Kaukasus ist weit entfernt von Moskau, die tiermedizinische Betreuung und Diagnostik vor Ort (wo um Himmels Willen ist ein gutes Labor für Blutproben? Wie, die nette und durchaus sehr kompetente Kollegin kommt zwar täglich zur Kontrolle der Pferde, aber Röntgen und Schallen geht nicht vor Ort? Welchen Beruf hat eigentlich euer Schmied?) entsprechend schwierig. Die Reiterei war in meinen Augen teilweise auch suboptimal und gewisslich nicht pferdeschonend. Kurzum, ehrlicherweise musste ich feststellen, dass mein Wissen zur Fütterung und Leistungsphysiologie allenfalls ein ganz kleines Puzzleteil der Problemlösung sein konnte. Hier war weit mehr Kompetenz gefragt. Das Beste, was ich für Zalim bzw. Ruslan Bifov tun konnte, war, Erika und Lutz Mäder mit ihm bekannt zu machen.
Erika und Lutz Mäder sind seit Anbeginn der iWEST® Wegbegleiter. Humorvolle, kritische und erfahrene Pferdemenschen, immer aufrichtig und ehrlich. Was durfte ich über die Jahrzehnte in unseren vielen Gesprächen von Erika alles lernen! Die beiden, unter schlimmsten Bedingungen aus der damaligen DDR ausgereist, sollten im Westen Deutschlands sehr schnell eine beeindruckende Karriere machen. Lutz, als begnadeter Jockey mit über tausend Siegen, der später zugunsten von Erika ́s Trainerkarriere seine persönliche Karriere zurücknahm, hatte noch ganz grundsolide reiten gelernt und ritt sogar bei Willi Schultheiß (die Älteren unter uns wissen, dass das eine besondere Auszeichnung darstellt!) und wurde ihm zum Freund. Welch aufregende Wochen für uns alle, als Lutz 1987 mit Lebos das Derby gewann. Erika dosierte höchstpersönlich die für ihn richtige Menge Magnolythe S100 in seinen Hafer, kannte vermutlich auch die Anzahl der von ihm gefressenen Heuhalme und ich schwelge heute noch in meinen Erinnerungen an diese Zeit ganz zu Anfang der iWEST®. Übrigens auch die Zeit, als die Wissenschaft im Westen Deutschlands damit anfing, bei Pferden Laktat zu messen und die Herzfrequenzmessung in die Rennställe einzog. Lutz und Erika hatten schon etliche Jahre zuvor, dank ihrer profunden Ausbildung in Sportwissenschaften in der DDR, alle Erfahrungen bereits damit gemacht. So ganz glaubte ich Erika ihre kritischen Bemerkungen zu den damals neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft ja zunächst nicht, darf ich zugeben. Doch meine persönlichen Erfahrungen bei den eigenen Rennpferden (Trabern) trafen alle genau so ein, wie Erika mir das vorausgesagt hatte. Dank Erika konnte ich unsere eigenen Pferde aber zumindest vor Schaden bewahren und begriff damals schon ein für allemal, dass kein Laborwert und kein Instrument, nichts unser Gefühl, unsere Beobachtung und unsere Zuwendung zu jedem einzelnen Pferd ersetzen kann.
Doch ich schweife ab, zurück zu Red Dubawi. Um eine lange Geschichte kurz zu machen, ich sagte meinem russischen Auftraggeber, zukünftig allenfalls gemeinsam mit Erika und Lutz kommen zu wollen, denn um ihm wirklich helfen zu können, sei weit mehr Expertise als nur Optimierung von Fütterung und Auswertung des Trainings unter Herzfrequenzkontrolle und Laktatmessung vonnöten. Ruslan und Zalim Bifov waren rasch zu überzeugen, bei Lutz und Erika wurde es deutlich schwieriger. Erika, als Galoppertrainerin nicht weniger erfolgreich wie Lutz als Jockey, hatte in ihrem Trainingsstall mehrere Gruppen-Pferde herausgebracht, mit ihren Schützlingen viele große Rennen gewonnen. Doch als eine Verletzung sie persönlich außer Gefecht setzte, da zogen die guten Pferde aus ihrem Trainingsbetrieb aus und somit war es in den letzten Jahren um die beiden leider deutlich ruhiger geworden. Wir alle kennen dieses Phänomen ja zur Genüge aus dem Sport: egal wie gut man ist, egal wie groß der Erfolg mal war – läuft ́s mal nicht so rund, fällt man für eine Zeit aus, ist man erschreckend schnell vergessen. So bezweifelte Erika mir gegenüber, ob ihre Expertise überhaupt noch gefragt sei oder ob ich nicht lieber jemanden mitnehmen wolle, der aktuell „top“ sei. Doch ich suchte ja kein Aushängeschild, ich suchte die im Kaukasus so dringend benötigte Kompetenz! Es brauchte ein wenig Überzeugungskraft und sogar eines ultimativen Appells an unsere Freundschaft. Schließlich war Erika mir zuliebe doch bereit, ihre Verantwortung für die Pferde im Training ein paar Tage zu delegieren und zusammen mit Lutz mit in den Kaukasus zu reisen.
Wir wurden herzlich empfangen, verlebten wunderschöne Tage, haben uns viel erzählt und viel gelacht – dabei aber auch sehr viel gearbeitet, um unserem Gastgeber den für ihn wirklich besten Rat geben zu können. Einmal mehr war ich tief beeindruckt von Erikas Fachkompetenz. Ob Beschlag oder Stellung, ob Beine allgemein, der Rücken, die Muskulatur, die mentale Verfassung, selbst die Zähne, Erika entgeht nichts! Gar nichts! Auch die den Stall betreuende Tierärztin war von dieser geballten Kompetenz überwältigt und begeistert. Mit Sicherheit aber musste manch einer bei dem einen oder anderen ehrlichen Wort auch schlucken.
Und Lutz schaute sich die Pferde auf der Bahn an und überlegte unverdrossen, welches Wunder die Reiterei verändern könnte. Den beiden ging es auch nicht anders als mir bei meinem ersten Besuch, neben ehrlichem Interesse und Herzlichkeit gab es auch Ablehnung. Der mir bereits vom ersten Besuch bekannte, gegelte Jockey war dieses Mal in Schwarz gekleidet und vermutlich von Ruslan Bifov dazu verdonnert, uns zuzuhören und dieses Mal nicht zu entschweben. Mir hat es sehr weh getan, als Erika so offen von ihrem Training erzählte und der Bursche einfach nur süffisant grinsend dasaß, um dann a) festzustellen, seine Pferde würden schneller laufen und b) zu fragen, was sie denn so an aktuellen Erfolgen aufzuweisen hätten. Erika und Lutz meisterten die Situation souverän und bewiesen, dass sie mit ihrer sachlich ruhigen Art nicht nur mit schwierigen Vierbeinern, sondern auch ganz gut mit frechdreisten Zweibeinern fertig werden.
Dann war es soweit, Ruslan Bifov bat zu einem kurzen Gespräch in Malkinsky Stud. Er habe maximal eine Stunde Zeit, ließ er uns im Vorfeld wissen. Unter diesen Bedingungen erschien es mir angeraten, auf höfliches Vorgeplänkel zu verzichten, die Zeit drängte. So kam ich gleich frisch und undiplomatisch raus mit meinen kritischen Gedanken zu unseren in diesen Tagen gewonnenen Erkenntnissen. Das mag unseren Gastgeber zunächst unangenehm berührt

haben, ich hatte eine entsprechende Reaktion auch erwartet. Er ließ sich jedoch nichts anmerken, er hörte mir nur aufmerksam zu. Ein kluger Mensch erkennt die Chance und ist, wenn er mit der Wahrheit konfrontiert wird, nicht beleidigt oder brüskiert, sondern fragt nach. Und genau das tat er dann auch. Diese Reaktion hat mich sehr beeindruckt, muss ich sagen. So wurde aus dem anberaumten kurzen Termin ein langes gemeinsames Abendessen, welches ein spätes Ende fand. Am Ende dieses denkwürdigen Abends hatten Lutz und Erika einen neuen Kunden und sechs Pferde mehr im Stall. Natürlich alle mit „Vorgeschichte“. Für uns auch verständlich, wir hatten mit offenen Worten nicht gespart. Jedenfalls bekamen wir mit diesen Pferden wahrlich reichlich Chancen zu beweisen, dass wir es wirklich besser konnten.
In den nächsten Monaten sollten die Pferde kommen und Ende Februar 2014 zog auch Red Dubawi von Dubai um in seine Box im Rennstall Mäder in Krefeld. Der hübsche irische Hengst mit der zur hervorragenden Abstammung aktuell so gar nicht passenden Rennleistung. 2013 hatte er in Dubai eine für seinen Besitzer besonders enttäuschende Saison gehabt. Erika und Lutz sollten aus ihm wieder ein Rennpferd machen. Keine leichte Aufgabe. Pferdeleute wissen, dass es eigentlich unmöglich ist, einem Rennpferd sein „Herz“ zurückzugeben, das bei irgendeiner seiner vielen Niederlagen auf irgendeiner Bahn zerbrochen liegenblieb. Erika und Lutz verfügen nicht nur über herausragende Kenntnisse zum Training, als passionierte, echte Pferdeleute lieben sie die Pferde, können sie „lesen“, wissen um ihre Seele. Und so standen nicht nur „Canter und Spritzer“, sondern auch stundenlange besinnliche Ausritte durch Krefelds Wälder und Auen in trauter Zwiesprache mit Lutz auf Red Dubawi ́s individuellem Trainingsplan. Erika, der Garant für optimale Fütterung, für Massage, Laser, ganz persönliche Ansprache und Zuwendung ohne Ende konnte ihr ganzes Können einsetzen. Red Dubawi musste an Leib und Seele genesen. Wir besprachen die Fütterung und neben dem bewährten Magnolythe S100 gab ́s für ihn auch noch etwas Magnoarthro und das gute Magnokollagen für die Gelenke. Lutz übernahm geduldig den Part, ihm das Vertrauen zum Reiter zu vermitteln. Der erste Start war schon für Ende Mai 2014 in Baden-Baden anberaumt. Ich war mehr als gespannt.
Und hier beginnt ein echtes Märchen. Red Dubawi gewann. Er siegte in seinem ersten Rennen für seine neue Trainerin Erika Mäder (noch dazu ein Gruppe III-Rennen!) und das aber gleich ganz überlegen! Da haben sich etliche Experten so richtig die Augen gerieben, als Red Dubawi als 258:10-Außenseiter solch ein Debüt unter seiner neuen Trainerin gab! Ich weiß nicht, wie oft ich den Rennfilm angeschaut habe. Immer wieder bekam ich Gänsehaut, denn bis zum Einlauf immer noch am Ende des Feldes fliegt Red Dubawi im Finish am Feld förmlich vorbei und gewinnt leicht und überlegen das Rennen. Vorbei war seine bis dato eisern gepflegte englische Höflichkeit, die ihn über Jahre dazu veranlasste, im Zieleinlauf anderen Pferden gerne auch mal den Vortritt zu lassen!

Unglaublich, damit hatte niemand gerechnet (außer Lutz und Erika vermutlich), allein die Wettquote (258:10) sagt alles. Red Dubawi hatte im wahrsten Sinne des Wortes keiner „auf dem Zettel“. Welch eine Freude und welch ein Erfolg auch für seinen Besitzer, für den das zudem auch der erste Sieg in einem Gruppenrennen in Europa war. Ja, manchmal werden Märchen wahr und wie im Märchen sollte es weitergehen. Nach Gruppe III kommt Gruppe II und Red Dubawi siegte auch im großen Preis der VGH in Hannover. Wieder zunächst ganz hinten im Feld, flog er auch hier im Zieleinlauf leicht am Feld vorbei. Red Dubawi bewies hier einmal mehr seinen fulminanten Speed! Die Zweifler in der Fachwelt wurden leiser, aber so ganz überzeugt waren einige doch nicht. Ob Red Dubawi diese Form wohl halten könnte? 2014 war ja wirklich toll, aber ob das 2015 auch noch so wäre? Doch, das Märchen ging wirklich weiter, in Italien gewann er 2015 den mit 242.000€ dotierten Premio Vittorio di Capua, ein Gruppe I-Rennen. Auch hier rollte er das Feld im Zieleinlauf von ganz hinten auf und passierte lässig und souverän mit zwei Längen vor dem Zweitplatzierten den Zielpfosten. GaloppOnline gibt zwar leider nicht Erika ́s ganz reizenden sächsischen Akzent wieder, aber der Satz ist typisch:
„Ich kann es immer noch nicht fassen, der Subi hat einfach sensationell geritten und auf den Speed von Red Dubawi vertraut. Wir haben leicht mit über einer Länge gewonnen, ich bin noch völlig aufgeregt. Jetzt werden wir mit der Kutsche über die Bahn gefahren, das habe ich noch nie erlebt“, mehr losgelöst, als aufgeregt hörte sich das an, was Erika Mäder, die zum Ende der Saison ihre Karriere beenden wird und am Sonntag noch einmal verdientermaßen die positiven Seiten ihres Sports erleben durfte, aus der Sieger-Kutsche gegenüber GaloppOnline.de übermittelte. In der Tat war es toll anzusehen, wie Andreas Suborics den Speed von Red Dubawi zum richtigen Zeitpunkt einsetzte. Die anderen deutschen Teilnehmer spielten in der Endabrechnung keine Rolle, Felician wurde Sechster und Molly le Clou sowie Nabucco wurden Vorletzter respektive Letzter.
(Auszug aus GaloppOnline)
Typisch für Erika, sie weist auf die Leistung des Jockeys hin. Kein Wort darüber, was sie und Lutz aus diesem von seinen früheren Trainern so verkannten und so vermanagten Pferd mit dieser Vorgeschichte gemacht haben! Könner sind bescheiden.
Mit diesem Sieg gehörte der früher als Rennpferd so unscheinbare Red Dubawi nun plötzlich zu den besten Rennpferden der Welt und hatte sich aufgrund seiner herausragenden Erfolge als Deckhengst empfohlen. Unglaublich, ein wirkliches Märchen!
Nach diesem großen Erfolg in Mailand beschlossen Erika und Lutz Red Dubawi aus dem Rennsport zu verabschieden. Ein großer Schritt, jeder Trainer würde solch ein Pferd nur allzu gerne in seinem Stall behalten. Sein Besitzer hätte den Hengst auch in ihrem Rennstall gelassen. Doch Erika wäre nicht Erika, wenn sie nicht in erster Linie für ein Pferd entscheiden würde! Wir sprachen gemeinsam und sie erklärte mir, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für Red Dubawi gekommen sei, seine Box als Deckhengst zu beziehen. Jetzt und nicht später. Immerhin sei er, bis seine ersten Fohlen laufen würden, schon elf Jahre alt. In der Galopperzucht damit schon alt. Auch wenn es ihr das Herz bräche, sie müsse die für ihn richtige Entscheidung treffen. Der Besitzer habe ihr freie Hand und die Entscheidungshoheit gelassen, sie habe für das Pferd und gegen sich selbst entschieden und suche nun nach dem geeigneten Gestüt für ihn. Es könne durchaus sein, dass er aufgrund seiner Leistung eine Einladung nach Hongkong erhielte, wenn, dann wolle sie ihn auch starten lassen, aber das sei dann wirklich das letzte Rennen seines Lebens, er habe sich die Box im Hengststall verdient. Dieses Pferd mit dem großen Herzen, dieses Pferd, dem sie dreimal am Tag sagte, dass er der Beste sei, weil er das so gerne hören wollte, dem sie Grashälmchen pflückte und ins Mäulchen schob, als er sich noch nicht getraute zu grasen......es gab so viele Momente und Erinnerungen. Ich konnte ahnen, was es für Erika bedeutete, ihn zu verlieren. „Ja“, meinte ich nur am Ende unseres Gespräches, „manche Boxen sind furchtbar leer, wenn ein Pferd geht – und ein Teil vom eigenen Herzen geht mit ihnen“.
Als Krönung seiner Laufbahn erhielt Red Dubawi dann tatsächlich als einziges deutsches Pferd eine Einladung nach Hongkong (dieses Rennen ist die inoffizielle Weltmeisterschaft der Galopprennpferde!), um sich im Dezember 2015 mit den besten Rennpferden der Welt zu messen. Er war der Älteste im Feld und anders als im Märchen, verlor er dieses Rennen. Nicht weil er der Älteste war, ich habe so meine eigene Vorstellung von den möglichen Hintergründen. Ein Bild wird in Hongkong allerdings unauslöschlich sein, nämlich das, wie Red Dubawi mit seiner Pflegerin Ute öfters am Tag im Park von Sha Tin spazieren ging. Alle sprachen davon und bestaunten die beiden, die „vertraut wie ein altes Ehepaar“ (genauso sagte man es!) so oft miteinander spazieren gingen.
Erika fand tatsächlich den besten Platz für Red Dubawi. Hier setzt sich das Märchen fort. Er durfte zu seinem Züchter im Haras des Sablonnets in Frankreich zurückkehren. Dank dem Einsatz von Erika und Lutz durfte Red Dubawi im wahrsten Sinne des Wortes wieder nach Hause kommen, zurückkehren in das Gestüt, in dem er aufgewachsen ist. Erika und Lutz ließen es sich selbstverständlich nicht nehmen, ihn selbst zu bringen. Sein Züchter war überglücklich, ihn in solch guter Form in Empfang nehmen zu können und dann stand Red Dubawi in seiner neuen Box als Deckhengst. Wer möchte, geht mit mir auf die Internetseite und schaut sich sein Gesicht an: Nach langer Fahrt im Hänger blickt er mit gespitzten Ohren in Richtung neues/altes Zuhause.
Und dann alleine in seiner neuen Box zeigen die Ohren, die Augen- und die Mundpartie doch ein wenig Unsicherheit. Mit Erika an seiner Seite ist alles gut, da kann er voller Vertrauen sein und ist entspannt.
Erika und Lutz wurden überaus freundlich empfangen, das Gestüt wurde gezeigt, die klassischen Gespräche unter Pferdeleuten, der Abschied von diesem Pferd für Lutz und Erika so schwer, die Freude beim Züchter so groß, wir können uns das alle vorstellen. Und wir können uns denken, dass Erika nach einem Tee oder Kaffee doch noch mal schnell zwischendurch zu Red Dubawi in den Stall ging. Und da sieht sie seinen Züchter, wie dieser leise mit ihm französisch spricht und ahnt ein Tränchen in den Züchteraugen. Und ganz sicher waren auch Erikas Augen nicht ganz trocken. So ist das mit uns Pferdeleuten, wenn wir von der richtigen Machart sind: uns berühren die Pferde im Herzen und das ist keine Schande. Im Gegenteil.
Erika und Lutz, ich danke Euch für dieses gemeinsame, mit einem Pferdeschicksal verwobene Erleben. Ob man ein Märchen liest oder ob man es in allen Höhen und Tiefen wirklich selbst erleben darf, das ist schon ein großer Unterschied. Ich danke Euch für unsere Zusammenarbeit und ganz besonders für Eure Freundschaft, die Euch mit mir reisen ließ und die – wir sagen in Bayern „vergelt ́s Gott“, wenn wir uns für etwas bedanken wollen, von dem wir wissen, dass wir es nicht zurückgeben können – Euch so wunderbar vergolten wurde. Red Dubawi hat Euch diesen Freundschaftsdienst wahrlich gedankt.
Mit Red Dubawi habt Ihr der Rennwelt einmal mehr gezeigt, dass jedes einzelne Pferd im Mittelpunkt Eurer Arbeit steht. Ihr habt bewiesen, dass Horsemanship immer und jeden Tag gelebt werden muss und ganz viel mit Arbeit, Disziplin, Empathie, Beobachtung, Zielorientierung, Zeit und Intelligenz zu tun hat. Wie heißen sie noch, die drei großen „G“ im Rennsport? Geld, Glück, Geduld. Nun ja, ich finde ein viertes G, nämlich für Gehirn und dann noch ein H für Herz dazu, schadet auch nicht, sondern macht genau den Unterschied. Ein Rennpferd, das sein Herz verloren hat, kehrt normalerweise nie mehr zurück in den Sport. Red Dubawi fand bei Euch überhaupt erst sein wirkliches, wahres Herz: das Herz eines Löwen!

Red Dubawi wurde von den Sportjournalisten übrigens zum Meiler des Jahres 2015 gekürt! Nur ein Ehrentitel vielleicht, aber es zeigt die große Anerkennung seitens der Sportjournalisten für Erika Mäder. Was wäre wohl gewesen, wenn er schon als junges Pferd bei ihr hätte sein dürfen? Ich bin sicher, er hätte mit Euch die Welt erobert. Er wäre schon seit Jahren ein frequentierter Deckhengst. Er wäre vielleicht eines von etlichen großartigen Rennpferden, die Erika und Lutz herausgebracht haben, vielleicht oder sogar sicher das erfolgreichste. Doch ist diese Geschichte nicht gerade deshalb so wunderbar, weil es nicht so einfach und glatt lief? Nicht für Red Dubawi und auch nicht für Lutz und Erika? Red Dubawi ist für mich Sinnbild für das mutige Annehmen einer riesigen Herausforderung, für Hoffnung, die klug handelt, für Empathie und für die ganz große Leistung von Mensch und Tier, vor der wir alle nur den Hut ziehen können! Chapeau Ihr drei!
Diese wahre Geschichte aus dem ganz „normalen“ (Arbeits-)Leben gäbe Stoff für einen wunderbaren Film, ähnlich wie Seabiscuit. Nur eines könnte der Film vermutlich nie zeigen, die Veränderung eines Pferdes. Schauen Sie sich die Bilder von Mai 2014 und von Mailand 2015 an. Es ist derselbe Red Dubawi, nach den ersten Monaten bei Erika sieht man immer noch Sorge und Unsicherheit in seinem Auge und dann im Herbst 2015 ist er ein souveräner Hengst, der in sich ruhend sein Umfeld betrachtet. Red Dubawi hat sein Selbstvertrauen und seine Persönlichkeit wiedergefunden.
Dr. med. vet. Dorothe Meyer
http://www.france-sire.com/article.php?idArticle=10757
http://www.galopponline.de/news/galopp-news/red-dubawi-imponiert-mailaender-gruppe-i-parkett https://www.youtube.com/watch?v=FPJa8jzyey8
https://www.youtube.com/watch?v=eR7jAYya3xc
https://www.youtube.com/watch?v=U380LwOUzLc