Proteine in der Pferdefütterung

Verschiedene farbige Eiweißpulver
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Proteine (= Eiweiß) sind aus dem Bauplan unserer Pferde nicht wegzudenken. Mit rund 19 % Proteinanteil an der Körpermasse stellen die Proteine im Körper des Pferdes nach Wasser mengenmäßig die zweitgrößte chemische Verbindung dar. Egal ob Muskulatur, Blut, innere Organe, die Milch der Mutterstuten, Enzyme, Hormone oder Zellen von Haut, Huf, Haar – alles besteht aus Proteinen.

Proteine bestehen aus unterschiedlichen Aminosäuren. Aminosäuren, die kleinsten Bausteine der Proteine, werden im Körper an vielen Stellen gebraucht. Einige von ihnen sind essenziell, d. h. diese können nicht vom Organismus selbst gebildet, sondern müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Jedes Protein besteht dabei aus einer spezifischen Anordnung dieser kleinen Bausteine. Fehlt auch nur ein einziger Baustein, kann das gesamte Protein nicht gebaut werden. Fehlen essenzielle Aminosäuren, bedient sich der Körper am Protein der Muskulatur. Dies führt zum Abbau von Muskulatur, belastet den Stoffwechsel und kann zu gravierenden Leistungseinbußen führen.

Überschüssiges Protein muss abgebaut und über Leber und Niere wieder ausgeschieden werden. Daher ist es wichtig, nicht möglichst viel Protein zu füttern, sondern auf die richtige Aminosäurezusammensetzung zu achten.

Die Proteinverdauung – Das Ziel sind Aminosäuren

Bereits im Magen findet eine Ausfällung aufgenommener Proteine statt (Denaturierung durch körpereigenes Pepsin). Anschließend gelangt das Protein in den Dünndarm des Pferdes und wird mithilfe körpereigener Enzyme aus dem Pankreas (z. B. Trypsin, Chymotrypsin) weiter zerlegt. Dabei entstehen immer kleinere Bestandteile, zunächst Tri- und Dipeptide, dann Peptide.  

Diese werden durch weitere Enzyme (Peptidasen) weiter zerlegt, bis am Ende die freien Aminosäuren vorliegen. Diese Aminosäuren, teilweise auch die Peptide, können über die Dünndarmwand absorbiert werden und im Proteinstoffwechsel für den Neubau von Protein genutzt werden. Aus dem Abbau des Nahrungseiweißes entsteht somit Körpereiweiß.

Die Zerlegbarkeit von Futtermittel im Dünndarm unterscheidet sich aufgrund ihrer chemischen Bauweise. Proteine liegen im Grünfutter einmal in kleinen Speicherdepots vor (Vakuolen), die schon beim Kauvorgang eröffnet werden und damit für die Verdauungsenzyme imDünndarm zugänglich gemacht und über die Darmwand aufgenommen werden können.

Proteine sind aber auch an Fasern gebunden. Die Faser wird beim Kauen zwar zerkleinert, die Fasern selbst werden aber erst im Dickdarm durch die Mikrobiota aufgebrochen und abgebaut, daher sind diese an Fasern gebundenen Proteine für das Pferd nicht verwertbar, denn nicht im Dünndarm abgebautes und aufgenommenes Protein gelangt in den Dickdarm, wird dort dann mikrobiell zu Stickstoffverbindungen und Aminosäuren abgebaut und muss als Ammoniak mit dem Kot ausgeschieden, über die Leber entgiftet, beziehungsweise als Harnstoff über die Niere ausgeschieden werden.

Über die Dickdarmschleimhaut werden leider keine nennenswerten Mengen an Aminosäuren mehr absorbiert, so dass das im Dickdarm verdaute Protein nicht zur Aminosäurenversorgung genutzt werden kann.

Proteinreiche Futtermittel

Fast alle Futtermittel enthalten Protein, jedoch in unterschiedlichen Mengen, unterschiedlich gut verdaulich und mit variierender Aminosäurenzusammensetzung.

Gute Proteinquellen für Pferde müssen vor allem zwei Kriterien erfüllen:

1. Das Protein sollte größtenteils dünndarmverdaulich sein

2. Die Zusammensetzung der Aminosäuren sollte möglichst dem Bedarf des Pferdes entsprechen

Frisches Grünfutter enthält zwischen 3 und 5 % Protein, Trockengrün-Produkte (z. B. Heu, Heulage) enthalten prozentual pro Kilogramm mehr, da es sich um getrocknete Futtermittel handelt. Hier liegt der Proteingehalt in der Regel zwischen 7 und 17 %, je nach enthaltenen Pflanzen.

Grundsätzlich kann man sagen, je grobstängeliger und später ein Heu geschnitten ist, desto höher ist auch der Faseranteil. Entsprechend höher ist natürlich auch der prozentuale Anteil des fasergebundenen Proteins, welches nicht zum Abbau zu Aminosäuren zur Verfügung steht.

Junges, frisches Grün dagegen enthält viele Proteinanteile, die nicht fasergebunden sind und die das Pferd sehr gut im Dünndarm verdauen kann. Ein Pferd auf junger Weide mit ausreichend Aufwuchs bekommt genügend dünndarmverdauliches Protein. Deshalb sind Stuten mit ihren Fohlen, die einen sehr hohen Protein- bzw. Aminosäurenbedarf haben auf der Weide auch am besten aufgehoben. Proteine aus Hülsenfrüchten (z. B. Soja) sind gut dünndarmverdaulich und gelten daher ebenfalls als typische Proteinquellen in der Pferdeernährung. Für Sojaextraktionsschrot liegt der Anteil des dünndarmverdaulichen Proteins bei rund 85 %, im frischen Gras noch bei 65 %, im spät geschnittenen Heu nur noch bei rund 50 %.

Getreide enthalten nur moderate Proteinmengen, die zu rund 75 % dünndarmverdaulich sind.

Proteinreiche Futtermittel für Pferde

FuttermittelMittlerer Rohproteingehalt in g/kgDünndarmverdaulicher Anteil des Proteins
Magnovital®54090 % (zugesetzte Aminosäuren zu 100 %)
Magnofine®31086 % (zugesetzte Aminosäuren zu 100 %)
Sojaextraktionsschrot48586 %
Erbsenflocken26079 %
Leinextrudat22575 %
Hafer11175 %
Junges Gras23065 %
Luzernecobs15760 %
Bierhefe (trebergebunden)31050 %
Heu, früher erster Schnitt13264 %
Sojabohnenschalen11256 %
Heucobs10050 %

 

Bedeutung der Aminosäuren

In typischen Pferderationen werden als Erstes die essenziellen Aminosäuren Lysin, Methionin, Threonin und Leucin knapp. Fehlt auch nur eine dieser Aminosäuren, kann kein neues Protein gebildet werden.

Sojaextraktionsschrot, Bierhefe und Leinextraktionsschrot sind zwar sehr lysin- und methioninreich, dennoch haben auch diese Futtermittel keine „perfekte“ Aminosäurenzusammensetzung für Pferde.

Um die Lücke in der Aminosäurenversorgung mit möglichst geringem Futteraufwand zu schließen, ohne dabei gleichzeitig die Gesamtproteinmenge in der Ration unnötig und sogar stoffwechselbelastend zu erhöhen, hat es sich bewährt, gezielt einzelne Aminosäuren zu ergänzen. Dabei werden bis zu 100 % dünndarmverdauliche Aminosäuren über sogenannte Aminosäurenergänzer in die Ration gebracht. Entscheidend ist dabei die Zusammensetzung der Aminosäurenmischung, sie muss zur Ration passen und insbesondere die Aminosäuren enthalten, die in der Regel in Pferderationen knapp sind (Lysin, Methionin, Threonin, Leucin). Da kein Futtermittel alle Aminosäuren, die schnell knapp werden, in ausreichender Menge enthält, sind Aminosäurenergänzer wie unser Magnovital® eine sehr effektive Lösung des Problems. Auch für zuckerempfindliche Pferde (z. B. mit PSSM, EMS, Cushing, empfindlichem Magen) können so Rationen individuell angepasst und bedarfsgerecht optimiert werden.

Was bedeutet "Rohprotein"?

Der Begriff „Rohprotein“ ist ein aus der Futtermittelanalytik stammender Begriff. Man findet ihn auf dem Etikett eines Futtermittels unter „Inhaltsstoffe“. Er sagt aus, wie viel Protein schätzungsweise im Futtermittel enthalten ist. Schätzungsweise heißt dabei keineswegs, dass nicht korrekt gemessen wird. Rohprotein wird lediglich indirekt durch eine Stickstoffmessung ermittelt. Da man davon ausgeht, dass ein Protein im Durchschnitt aus 16 % Stickstoff besteht, kann der sogenannte Rohproteingehalt durch die Multiplikation des Stickstoffgehaltes x 6,25 berechnet werden (16 % = 6,25). Eine auf einem Etikett deklarierte Rohproteinmenge sagt also nichts darüber aus, ob das enthaltene Protein im Dünndarm gut verdaulich ist und wie viele Aminosäuren es liefert. Da lohnt sich der Blick in die Zusatzstoffe. Denn zugesetzte Aminosäuren haben den großen Vorteil, dass sie zu 100 % im Dünndarm verdaut werden und damit dem Pferd vollumfänglich zur Verfügung stehen.

Literaturverzeichnis

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