Heu für Pferde: Schnittzeitpunkte

Drei Pferde fressen Heu
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Als Pflanzenfresser gewinnen Pferde den größten Teil der Nährstoffe (Mineralien, Vitamine, Proteine und Co.) und Energie aus Heu. Aber Heu ist nicht gleich Heu, es unterscheidet sich häufig stark in seinem Nährstoff- und Energiegehalt. Die Nährstoffgehalte hängen maßgeblich vom Schnittzeitpunkt im Verlauf des Pflanzenwachstums, den im Heu enthaltenen Pflanzen und nicht zuletzt auch von der Düngung der Böden ab. Für die meisten Pferde ist ein erster Schnitt aus der Zeit zwischen Beginn bis Ende der Blüte mit einem Stängel-Blattverhältnis von 50:50 ideal.

Der Heuschnitt

Anhand der enthaltenen Blätter, Blüten und Ähren (Samenstände) lässt sich der Schnittzeitpunkt eines Heus bestimmen.

Schwerfuttrige Pferde wie auch Pferde mit einem sehr hohen Nährstoffbedarf wie Hochleistungssportpferde profitieren von einem früh geschnittenen energiereichen Heu oder Grummet (2. Schnitt), sofern dies mindestens sechs Wochen Zeit zum Wachsen hatte und damit ausreichend Struktur enthält (wollig-weiches Grummet ist für Pferde nicht geeignet!).

Für leichtfuttrige Pferde eignet sich später geschnittenes und damit energieärmeres Heu sehr gut.

Spät geschnittenes Heu (nach der Blüte) enthält weniger Energie und Protein, aber mehr schwer verdauliche Fasern (bei weniger verdaulicher Rohfaser). Wird zu wenig verdauliche Rohfaser gefüttert, verarmt die Darmflora im Dickdarm, da ihr die Nahrung fehlt. Auch ein Proteinmangel (bzw. ein Mangel an essenziellen Aminosäuren) kann durch sehr spät geschnittene, überständige Heuschnitte (viel totes Pflanzenmaterial) verursacht werden und sollte vermieden werden (z. B. durch gezielte Ergänzung hochwertiger Proteinträger oder Aminosäuren).

Auswirkungen des Schnittzeitpunktes

Faustregel ist: Je länger ein Heu wachsen kann (Aufwuchszeit durchlaufen hat), desto schwerer verdaulich und zudem energie- und proteinärmer wird es. Die Proteine verbrauchte die Pflanze für ihr Wachstum, die Einlagerung schwer löslicher Faseranteile (Hemizellulosen und insbesondere Lignin) geben dem Gras zwar die nötige Standfestigkeit beim Längerwerden der Halme, sind aber für die Dickdarmflora unzureichend bzw. Lignin gar nicht abbaubar. Auch die Bildung der Blütenstände und Samen kostet die Pflanze Energie. Spät geschnittenes Heu ist also deutlich nährstoffärmer, was zwar einerseits vorteilhaft für leichtfuttrige Pferde ist, andererseits leider auch die Versorgung mit essenziellen Nährstoffen wie Aminosäuren einschränkt. Machen Sie eine Knickprobe: Wenn sich die Stängel nur biegen, ist alles in Ordnung, knicken sie oder brechen gar, ist der Holzanteil eventuell schon zu hoch. Oder noch besser, greifen Sie mit beiden Händen in Ihr Heu und drücken Sie die Hände fest zusammen. Das Heu darf sich rau und strukturiert anfühlen, stechen Ihnen aber die Stängel stark und unangenehm in Ihre Handflächen, ist dies ein Hinweis auf einen hohen Verholzungsgrad, einen geringeren Nährwert und eine schlechtere Verdaulichkeit des Heus. Für Sportpferde, Aufzuchtpferde und Mutterstuten ist dieses Heu aufgrund des geringen Energie- und Proteingehaltes bei gleichzeitig hohem Anteil schwerverdaulicher Rohfaser nur bedingt geeignet.

Das Pflanzenwachstum lässt im Verlauf des Jahres nach. Ein 2. Schnitt (aus Spätsommer oder Herbst) kann je nach Regenmenge und Sonnenenergie trotzdem noch energie- und proteinreich sein, weil die Pflanzen im späteren Vegetationsverlauf nicht mehr so hoch wachsen wie im Frühjahr und daher auch weniger Nährstoffe in das Höhenwachstum stecken müssen.

Heu Einsatzempfehlungen

Schnittzeitpunkt
Eigenschaften
Einsatzempfehlung

Heu, früherer 1. Schnitt (vor oder Beginn der Blüte), mehr Blätter als Stängel, kaum Blüten oder Ähren

  • Sehr gut verdaulich
  • Energiereich
  • Proteinreich

Pferde mit erhöhtem Energie- und Proteinbedarf, z. B. Sportpferde, Zuchtpferde, wachsende Pferde, Pferde im Substanzaufbau

Heu, mittlerer 1. Schnitt (Beginn bis Mitte der Blüte), vermehrt Blüten, weniger Ähren, Stängel: Blätter ca. 50:50

  • Gut verdaulich
  • Mittlerer Energiegehalt
  • Mittlerer Proteingehalt

Pferde mit mittlerem Energie- und Proteinbedarf, z. B. Sportpferde, Zuchtpferde, wachsende Pferde, Pferde im Substanzaufbau, Freizeitpferde mit leichter Arbeit

Heu, später 1. Schnitt (nach der Blüte, viel abgestorbenes Pflanzenmaterial), viele Ähren, mehr Stängel als Blätter

  • Schlechter verdaulich
  • Geringer Energiegehalt
  • Geringer Proteingehalt

Pferde mit geringem Energie- und Proteinbedarf, z. B. Freizeitpferde mit leichter Arbeit, Pferde mit Übergewicht, leichtfuttrige Pferderassen

Heu, 2. Schnitt (für Pferde mindestens sechs Wochen Wachstumszeit einhalten, um ausreichend Struktur zu erzielen), mehr Blätter als Stängel, kaum Blüten oder Ähren

  • Sehr gut verdaulich
  • Energiearm bis -reich
  • Meist proteinreich

Pferde mit erhöhtem Energie- und Proteinbedarf, z. B. teilweise Sportpferde, Pferde im Substanzaufbau, Pferde mit Zahnproblemen, auch geeignet zur Mischung mit mittlerem bis spätem 1. Schnitt

 

Eine genaue Aussage über den Energie- und Nährstoffgehalt liefert allerdings nur eine Laboranalyse.

 

Heu 1. Schnitt (Video)

Heu, früherer 1. Schnitt (vor oder Beginn der Blüte), mehr Blätter als Stängel, kaum Blüten oder Ähren

Heu 2. Schnitt (Video)

Heu, 2. Schnitt (für Pferde mindestens sechs Wochen Wachstumszeit einhalten, um ausreichend Struktur zu erzielen), mehr Blätter als Stängel, kaum Blüten oder Ähren.

Pflanzen

Auf Wiesen wachsen verschiedene Pflanzen, die natürlich auch im Heu landen. Neben verschiedenen Gräsern findet man dort z. B. auch Klee, Luzerne und diverse Kräuter.

Heu mit einem hohen Anteil an Kräutern, Luzerne oder Klee ist in der Regel protein-, energie- und calciumreicher als grasreiches Heu.

Die im Heu vorhandenen einzelnen Gräser führen ebenfalls zu unterschiedlichen Nährstoffgehalten im Heu. Beispielsweise ist deutsches Weidelgras, italienisches Raygras und Timotheegras besonders fruktanreich. Knaulgras, Wiesenrispe und Wiesenschwingel weisen mittlere Fruktangehalte auf, während Wiesenfuchsschwanz und Rotschwingel als fruktanarm gelten.

Leider können außer wichtigen Pflanzen auch Giftpflanzen auf Weiden wachsen. Wie diese aussehen und welche Probleme entstehen können, finden Sie unter: Giftpflanzen

Düngung

Durch Pflanzenwachstum werden dem Boden Nährstoffe entzogen. Werden diese Verluste nicht regelmäßig ausgeglichen, reichen die Nährstoffe irgendwann nicht mehr für ein optimales Pflanzenwachstum aus. Über Bodenproben kann man bestimmen, welche Nährstoffe gezielt zugeführt werden müssen. Das führt nicht nur zu einer geringeren Heuernte, sondern auch zu niedrigeren Gehalten an Energie, Protein und Mineralien im Heu. Heu und Gras von ungedüngten Flächen weisen außerdem durch das eingeschränkte Pflanzenwachstum höhere Fruktangehalte auf.

Literaturverzeichnis

Elsäßer, M., 2012: Pferdeweiden müssen kein Bild des Jammers sein. ZüchterForum, 5, 51-54